Vor der Gründung von Reinblau waren wir alle als Selbstständige bzw. Freiberufliche in verschiedenen Bereichen tätig: Webentwicklung, Webdesign, Projektmanagement, Beratung usw. Teilweise hatten einzelne von uns schon in Projekten zusammengearbeitet, andere hatten unter dem Dach einer GmbH Erfahrungen in gemeinsamer Arbeit gesammelt. Klar war, dass wir alle auf Augenhöhe zusammenarbeiten wollten und bereit waren, gemeinsam für das Unternehmen Verantwortung zu übernehmen.
Deshalb hat uns an der Genossenschaft die demokratische Idee der gleichberechtigten Teilhabe gut gefallen. Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der erworbenen Genossenschaftsanteilen. Auf diese Weise kann niemand die Genossenschaft dominieren oder sich die Mehrheit sichern.
Förderung der Mitglieder statt Shareholder Value
Ein weiterer wichtiger Aspekt war die beschränkte Haftung der Mitglieder. Eine Genossenschaft kann in ihrer Satzung die Nachschusspflicht ausschließen. Damit haftet die Genossenschaft bis zur Höhe ihres Vermögens, die Mitglieder nur mit ihrem eingezahlten Genossenschaftsanteil. Das weitere Vermögen bleibt unangetastet. Das ist ein großer Unterschied z. B. zur GbR, bei der die Gesellschafter:innen unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen haften.
Anders als eine GmbH kann eine Genossenschaft auch nicht verkauft werden. Ihr Daseinszweck ist nicht die Maximierung von Profit oder der Dividenden von Anteilseignern. Niemand kann Gewinne aus der Firma abziehen oder muss für den Profit von anderen arbeiten. Denn im §1 des Genossenschaftsgesetz ist festgelegt, dass der Zweck einer Genossenschaft die Förderung ihrer Mitglieder ist. Unabhängig von dem ebenfalls in der Satzung festgeschriebenen Genossenschaftszweck, der gemeinschaftlich verfolgt wird, bedeutet die „Förderung der Mitglieder“, dass wer der Genossenschaft angehört (und sich aktiv beteiligt) von ihr profitieren soll (und nicht reine Anteilseigner wie z. B. in Aktiengesellschaften).
Die Genossenschaft stellt dabei keinen Wert für sich dar, sondern die Gewinne werden in Form von Vergütung und Rückvergütungen an diejenigen ausbezahlt, die sie erarbeitet haben. Verlässt man die Genossenschaft wieder, erhält man den beim Eintritt einbezahlten Anteil zurück, ein Wertzuwachs (des Unternehmens und seiner Anteile) ist nicht gegeben. Die Förderung der Mitglieder liegt bei Produktivgenossenschaften im Arbeitsverhältnis selbst, so der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften.
Wie funktioniert eine Genossenschaft?
Die Genossenschaft hat in der Regel drei Organe, einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung, in der alle regulären Mitglieder stimmberechtigt sind. Diese wählt Vorstand und Aufsichtsrat, verabschiedet den Jahresabschluss und bestimmt über die Verwendung des Überschusses. Die Mitglieder des Vorstands führen die Geschäfte und vertreten die Genossenschaft nach außen, der Aufsichtsrat (der nur bei Genossenschaften mit mehr als 20 Mitgliedern nötig ist) beaufsichtigt den Vorstand und vertritt die Interessen der Mitglieder. Die Genossenschaft wird – abhängig von ihrer Größe – jährlich oder zweijährlich von einem Prüfverband auf Wirtschaftlichkeit und ordentliche Geschäftsführung geprüft. Die Generalversammlung, bei der alle Mitglieder zusammenkommen, findet einmal im Jahr statt.
Im Grunde bildet die Rechtsform damit einen Rahmen, innerhalb dessen Spielraum zur konkreten Ausgestaltung hat. Um die Teilhaber aller auch im Alltag umzusetzen, arbeiten wir von Anfang an, agil, transparent und selbstorganisiert. Während wir in den Kundenprojekten agil, meistens nach SCRUM, arbeiten, haben wir intern Holacracy als Methode eingeführt, um Verantwortung zu verteilen, Transparenz sicherzustellen und unsere Strukturen möglichst flexibel zu gestalten. Was Scrum und Holacracy verbindet, ist das agile Mindset: Wir wollen Kreativität und Eigeninitiative sowie den Mut, auch mal Dinge auzuprobieren und aus deren Evaluation zu lernen, mehr fördern als Kontrolle auszuüben, Bedenken zu wälzen und in der „das haben wir schon immer so gemacht“-Komfortzone zu verharren.
Genossenschaften Digital Jetzt!
Für uns ist die Genossenschaft noch immer der passende Rahmen, um gemeinschaftlich eine Firma zu führen, die sich an Werten ausrichtet und dem Wohl der Mitarbeitenden mehr verpflichtet ist, als dem Profit von einzelnen. Wir sehen auch in Zukunft ein großes Potenzial in dieser kooperativen Gesellschaftsform, auch wenn einiges nötig ist, um sie an heutige Gegebenheiten anzupassen. Zum Beispiel ist es nicht vorgesehen, digitale Genossenschaftsversammlungen abzuhalten. Die Rechtslage ist nicht eindeutig, ob diese zulässig sind oder nicht. Auch Beitritte zur Genossenschaft oder die Zeichnung neuer Anteile sind digital nicht möglich, das macht viele Prozesse langsam und vermittelt ein angestaubtes Image. Deshalb untertstützen wir die Initiative #GenoDigitalJetzt und ihre Forderung, das Genossenschaftsgesetz so anzupassen, dass digitale Formate für die Gründung, den Beitritt und das Zeichnen von Anteilen rechtssicher möglich sind.